Die Nacherzählung von alten Mythen dient oft der Abfuhr von politischen Emotionen. Zumal die griechischen Mythen voller politischer Greuel und Grausamkeiten sind und so als Hintergrund für die Abscheulichkeiten der Gegenwart herhalten können: Abschreckung, Stellvertretung/Abfuhr oder Modell, an dem man lernen kann. Soll man daraus folgern: der Mensch war also immer schon so und ist nicht zu ändern? Oder lieber: lasst uns realistisch sein und dieser Einstellungen als anthropologisch weiterhin gewärtig sein, aber um nach Auswegen und Eingrenzungen suchen. Oft werden diese selbst in den Mythen angedeutet. Denn viele griechische Geschichten enthalten die zwei Botschaften des Orakels von Delphi: „Erkenne dich selbst“ und „Nichts im Übermaß“, also: Werde nicht übermütig und übergriffig, versuche nicht, den Göttern gleich zu werden, sondern erkenne lieber deinen wahren Ort und dein Ich. Erkenntnisse, die gerade heute von besonderer Bedeutung sind, ob in Lebensweise oder Politik, in Ernährung, Wissenschaft oder Sport.
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