Zum ungarisch-habsburgischen Mythos in der Literatur
Nach dem Umbruchsjahr von 1989/1990 rücken grenzüberschreitende Narrationen erneut in den Mittelpunkt kulturgeschichtlicher, kultureller und literarischer Erörterungen. Dazu gehört auch der mittel- bzw. zentraleuropäische Kulturraum, jenes „entführte Europa“, von dem Milan Kundera nach der Niederschlagung des Prager Frühlings durch die Warschauer Vertragsstaaten schrieb. Kunderas Text hat nichts an Aktualität verloren, im Zusammenhang mit dem Überfalls Putins auf die Ukraine hat er eher noch hinzugewonnen. In diesem Sinne kommt es zu einem kulturell-literarischen Phänomen, der Renaissance Mitteleuropas, „Reinventing Central Europe“. Der tschechische Schriftsteller Kundera hatte seinerzeit beklagt, dass das einst multinationale, multiethnische Mitteleuropa als ein „vergessener Raum“, zugleich aber auch als ein „bedeutendes kulturelles Zentrum“ mit einer „maximalen Vielfalt auf minimalem Raum“, weitgehend aus dem Bewusstsein der Westeuropäer verschwunden war. In Mitteleuropa erblickte Kundera ein „verdichtetes Abbild Europas der kleinen Nationen“, in der russischen „Seelentiefe“ dagegen einen, „unstillbaren, unbarmherzigen Expansionsdrang“ einer imperialen Macht.
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