Ein Leben ohne Schaukeln ist ein Mißverständnis: Hugo Kükelhaus

Als ich in den 1990ern nach Leipzig kam, entdeckte ich im Park an der Naunhofer Straße in Stötteritz einen menschengroßen Stein mit einem Loch darin – ein sogenanntes Summloch. Man legt (wenn es nicht verdreckt ist) den Kopf hinein, summt sich in eine Stimmlage, bei der der ganze Körper mitzuschwingen beginnt. Der Stein wurde nach einer Idee von Hugo Kükelhaus (1900-1984) gebaut. In Binz auf Rügen fand ich einen weiteren. Kükelhaus war mein nicht-akademischer Lehrer und ich freute mich, auf seine Spuren zu stoßen, etwa auch in Höfgen an der Mulde, in diesem „Dorf der Sinne“. Das Summloch hatte er sich den steinzeitlichen Höhlen von Malta abgeschaut, in denen wohl Initiationen mit Hilfe von Resonanzphänomenen stattfanden. Heute dienen sie dazu, uns wieder in Verbindung mit dem eigenen Körper zu bringen. Leben ist Schwingung, sagte Kükelhaus, und er zeigte es, indem er Schwingungen erfahrbar machte. Das geschah schon in seinen Vorträgen, die oft Stunden dauerten, ohne dass Leute in den Schlaf flüchteten.

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Der Ausfall des Festes – Ein kurzer Blick mit Nietzsche und Bataille auf die derzeitige Lage von Kultur und Gesellschaft

Schon im vergangenen Jahr während bzw. kurz nach dem ersten Lockdown entstand das schwerwiegende Problem, wie Künstler verschiedenster Art und die Veranstaltungsbranche den schmerzhaften Einschnitt in ihre Arbeit bewältigen könnten, insofern er nicht bereits fatal war. Ausfälle von Lesungen, Aufführungen, Konzerten, Schließung von Theatern, Ausstellungen und Kinos bedrohen nach wie vor die Existenzen der Kunstschaffenden und frieren das in Gesellschaft stattfindende kulturelle Leben völlig ein. Ich möchte in den folgenden Absätzen nicht auf dieses schmerzlich bekannte Problem eingehen, sondern auf eines, das damit mehr oder weniger direkt zusammenhängt, aber tendenziell in eine andere Richtung weist: Der Ausfall des Festes.

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Warum Mythologie?

Nachdem ich in vielen kleinen Gesprächen die sehr freundliche Bekanntschaft des Arbeitskreises zur Jubiläumsfeier im Januar 2020 gemacht hatte, wurde mir die Möglichkeit geboten, auch an seinem Blog auf der Homepage mitzuarbeiten. Darüber freute ich mich sehr, worauf sich aber auch sogleich die Frage anschloss: Worüber soll ich eigentlich schreiben? Mein Interesse an Mythen und Mythologie wurde schon in der Jugend geweckt, hielt über die Jahre des Studiums und danach an und tut dies auch nach wie vor. Entsprechend ist – um eine Formulierung Cassirers aufzugreifen – „die verwirrendste Tatsache nicht der Mangel, sondern der Überfluss” (Cassirer 1949, S. 8) des möglichen Themenmaterials und auch der möglichen Zugriffsweisen, wie sie sich in fortlaufender Lektüre und Nachdenken erschlossen haben. Nach einem Blick in meine Magisterarbeit über den Mythos bei eben zitierten Ernst Cassirer und eingedenk mancher Gespräche mit Freunden und Kollegen, entschloss ich mich endlich dazu, mich in meinem ersten Beitrag mit einer recht allgemeinen Frage auseinanderzusetzen: Warum eigentlich Mythologie?

Was ist Liebe? – Eine mythische und literarische Einführung

Wenn wir von Liebe sprechen, verbinden wir mit ihr das intensive Gefühl von Zuneigung, Geborgenheit, Aufgehobensein, Verbundenheit, das sich im menschlich-emotionalen Erklärungskanon nicht mehr steigern lässt. “Es ist was es ist sagt die Liebe” in Erich Fried’s (1921-1988) bekanntem Gedicht und würde man eintausend Menschen darüber befragen, würde man wohl eintausend verschiedene Antworten erhalten. Denn Liebe ist nicht nur der romantische Höhepunkt jeder Paarbeziehung, so wie sie in Medien, Dichtung, Romanen, Liedern oder Kunst im Regelfall proklamiert wird. Liebe kann sich auch auf Gruppen beziehen, auf die Familie, Geschwister, Freunde, zu Tieren, Natur etc. Es gibt kein Limit für Liebe.

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