Der Totentanz

Im Jahr 1813 schrieb Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) die Ballade „Der Totentanz“, was vielleicht Zufall oder aber Vorsehung gewesen sein mag, ist 1813 doch als Jahr der Völkerschlacht bei Leipzig, der bis dato größten Schlacht der Weltgeschichte mit ca. 100.000 Toten und Verwundeten, in die Geschichte eingegangen. Nun sind die Verse keine explizite Kritik an Krieg, Krankheit und Elend, sondern lesen sich vielmehr wie eine gruselige Geschichte davon, was uns am Ende alle vereint und was seit der Aufklärung mehr und mehr in Vergessenheit geraten zu sein scheint: die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit. In Goethes Werk erheben sich die Toten zur Geisterstunde aus ihren Gräbern und finden sich gemeinsam und unabhängig von Rang, Namen und Stand zum Tanz zusammen. Der noch lebende Türmer wird durch eigenes Verschulden Teil des makaberen Geschehens und kann dem Spuk erst durch den Glockenschlag der ersten Stunde nach Mitternacht entrinnen. Mit den Toten sollte man eben keinen Spott treiben.

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Go East 2.0 -Tibetische Horizonte: Shangri-La und Shambhala

Shangri-La ruft

An Bord eines Schiffes ein rätselhafter Mensch, der sein Gedächtnis verloren hat. Ein Neurologe interessiert sich für sein Schicksal: woher kommt er, was ist mit ihm geschehen, kann man seine Erinnerungen zurückholen? Eines Tages spielt der Mann ohne Gedächtnis, Conway heißt er, Chopin am Klavier und nun kehren allmählich die Erinnerungen zurück; er beginnt zu erzählen. Eine lange Geschichte tut sich auf: Ein Flugzeug wird in Nordindien/Afghanistan entführt, an Bord vier Amerikaner und Briten, darunter eine Missionarin. Der Entführer ist allem Anschein nach ein Tibeter. Es kommt zu einem Crash auf einer unbekannten Hochebene des Himalayas. Die vier überleben und machen sich auf den Weg, zu einer Siedlung zu finden. Nach vielen Strapazen kommen ihnen Menschen entgegen und nehmen sie mit in eine abgelegene Klosterwelt. Der Jüngste möchte so schnell wie möglich wieder in die Zivilisation zurück. Die Missionarin sieht hier eine Chance für den Glauben und Konversionen und vertieft sich zu besserem Verständnis in die Kultur und Sprache des Landes. Conway lernt den Lama kennen, die Mönche, die Bibliothek, die die wichtigsten Werke der europäischen Philosophie und Literatur, Werke Asiens und des Westens in vielen Sprachen sowie unveröffentlichte Kompositionen von Chopin enthält, und dies mitten in der einsamen Bergwelt Tibets.

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Der Zauber von Schwindel und Blendwerk

Der Frankfurter Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno verstand bekanntlich Kultur als Verblendungszusammenhang[i]. Die Ethnologie als die Kunde von fremden Kulturen hat sich gegen dieses pejorative Verständnis menschlicher Kollektiväußerungen gerne gesträubt, auch wenn ihre Tresore von Nachrichten aus aller Welt schon früh überquollen mit Belegen, wie die Menschen, verteilt in Raum und Zeit, sich offensichtlich immer gegenseitig etwas vormachten. Dem Bann ihrer eigenen Produktion erlagen dann zuletzt auch die fremden Betrachter und Chronisten. Sträubten sich Ethnographen aber gegen diese Vereinnahmung durch den fremden Zauber, gelangten sie schnell zu hochnäsigen, „eurozentristischen“ oder lange genug rassistischen Aburteilungen.

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