Im Jahre 1744 erscheint Emanuel Swedenborg, einem der außergewöhnlichsten Menschen seiner, wenn nicht aller Zeiten, der Herr Jesus Christus im Traum. Jesus lächelt ihn an und fragt ihn, ob er einen Gesundheitspass besäße. Herr, das weißt du besser als ich, antwortet Swedenborg. Daraufhin sagt Jesus: „Nun, so tue es“. Diesen Traum hatte Swedenborg in Den Haag in der Nacht auf Ostermontag. Gut ein Jahr später folgte ein weiterer Traum. Swedenborg sieht in einer Kneipe in London einen Mann, der in einer Ecke sitzt. Dann hört er die Worte: „Iss nicht so viel!“ Derselbe Fremde kommt abends zu Swedenborg ins Haus und behauptet, der Herrgott selbst zu sein. Daraufhin beauftragt er Swedenborg damit, die Bibel auszulegen.
Gesundheit spielt eine Rolle in diesen Träumen, aus verschiedenen Gründen. Als junger Mann war Swedenborg auf einer Bildungsreise nach England. Er wollte dort die neuen Wissenschaften studieren, die Astronomie und Physik eines Newton, Halley oder Flamsteed; er wollte die großen Männer selbst sehen und sprechen und seine Theorien mit ihnen diskutieren. Doch das Schiff, das ihn von Göteborg nach England bringen sollte, lief auf eine Sandbank auf. Piraten, die sich für Franzosen ausgaben, aber für Dänen gehalten wurden, retteten zwar Besatzung und Passagiere, dafür aber glaubten die Engländer, das schwedische Schiff sei ein Freibeuter und beschossen es. Dennoch kam Swedenborg glimpflich davon. Doch inzwischen hatte sich in England das Gerücht verbreitet, in Schweden sei die Pest ausgebrochen. Deshalb wurde Swedenborgs Schiff unter eine sechswöchige Quarantäne gestellt. Gelangweilt und übermütig machte sich Swedenborg heimlich an Land, wo er prompt von der Polizei verhaftet wurde. Auf sein Vergehen stand die Todesstrafe durch Hängen, doch konnte der junge Mann durch schwedischen Einspruch wieder gerettet werden. Er hatte also keinen Gesundheitspass, und später erkannte er die göttliche Hilfe in dieser lebensgefährlichen Episode.
Die zweite Bedeutung der Frage nach dem Gesundheitspass ist aber die tiefere. Zeit seines Lebens und auch nach seinem Tode wurde Swedenborg von Kritikern und Gegnern verfolgt, die ihn für geisteskrank hielten. Sein größter Gegner trug fast denselben Vornamen. Immanuel Kant stellte den Schweden in seiner Schrift Träume eines Geistersehers (Königsberg 1766) als einen schlimmen Phantasten und verrückten Schwärmer dar. Alles deutet aber daraufhin, dass Swedenborg geistig wie auch körperlich gesund war. Er führte ein einfaches frugales, aber nicht asketisches Leben und starb 1772 im Alter von 84 Jahren. In vielerlei Hinsicht unterschied er sich von ähnlichen Geistersehern und Visionären, und eben auch in der Frage der Gesundheit.
Swedenborg ist ohnehin ein Sonderfall in der modernen Geistesgeschichte. Die Ausnahme besteht darin, dass dieser Mann in der ersten Lebenshälfte ein Wissenschaftler, Erfinder und Techniker ersten Ranges, anerkannt in ganz Europa und führend in Schweden war, sich aber in seiner zweiten Lebenshälfte dem Geisterreich zuwendete und eine Theologie entwarf, die sich auf eigene Erfahrungen berufen konnte. Dennoch blieb er auch in dieser Lebenshälfte Forscher, nur eben auf anderen Realitätsebenen als denen der empirischen Wissenschaften.
1688 wurde er in Stockholm als Sohn des Bischofs Jesper Swedberg, geboren. Swedberg war selbst ein produktiver Theologe und Autor einer umfangreichen Autobiographie, in der er seinem Sohn nur zwei Erwähnungen gönnte. Von seinem Vater soll dieser die visionäre Begabung geerbt haben. Die regelmäßigen Gebete im Hause Swedberg brachten ihm eine Atemtechnik bei, die später für ihn bedeutungsvoll werden sollte. Emanuel war stark religiös, und wenn wir seinen Erinnerungen glauben können, so war er zwischen dem vierten und dem zehnten Jahr hauptsächlich mit Gott beschäftigt. Sein Vater überging auch dies in seinem Lebensbericht.
Swedenborg begann sich früh für die Wissenschaften zu interessieren. In Uppsala studierte er die neuesten Wissenschaften und machte sich von dort auf die erwähnte Reise nach England. Newtons Werke studierte er so intensiv, daß er bald glaubte, ihn besser als die Engländer zu verstehen. Newton selbst scheint er nicht getroffen zu haben, doch dessen Kollegen, den verbitterten Hofastronomen Flamsteed, suchte er in seinem Observatorium in Greenwich auf. Flamsteed betrachtete den gestirnten Himmel als sein privates Eigentum und wachte eifersüchtig über ihn. Swedenborg gelang es aber, ihm bei den nächtlichen Beobachtungen seines kosmischen Grundstücks zuzuschauen und von diesen Sitzungen Einzelheiten an seine wissenschaftlichen Freunde in Uppsala zu berichten. Auch mit Flamsteeds Rivalen Edmund Halley wurde Swedenborg bekannt. Wie Halley arbeitete der Schwede an neuen Methoden zur Berechnung des Längengrads, einer grundlegenden und ökonomisch folgenreichen Messung für die Schifffahrt. Er lernte die führenden Geologen und Zoologen des Landes kennen und nahm an den Debatten um die Bibel und die Wissenschaft lebhaften Anteil. In seinen Londoner Jahren bildete er sich nicht nur geistig fort, sondern machte sich auch mit allen Arten von Technik und Handwerk vertraut. Dazu hatte er eine originelle Methode entwickelt. Er mietete sich ständig bei neuen Hausherren ein, von denen er wusste, dass sie ein bestimmtes Handwerk betrieben, und schaute ihnen dabei zu: erst bei einem Uhrmacher, dann bei einem Schreiner, schließlich dem Hersteller von mathematischen Instrumenten. So lernte er nach und nach ein ganzes Spektrum an Techniken und Arbeitsbereichen kennen. Daneben las er englische Literatur und verfasste lateinische Oden.
Nach einem mehrjährigen Englandaufenthalt unternahm Swedenborg eine Reise auf dem Kontinent. In den Niederlanden lernte er die Kunst des Linsenschleifens zur Verbesserung von Teleskopen, in Paris traf er bedeutende Gelehrte und Theologen. In Deutschland wollte er Leibniz besuchen, der ein ähnlich breites Spektrum von Kenntnissen und Fähigkeiten, etwa im Bergbau, verfolgte, doch war Leibniz gerade in Wien. Als Swedenborg nach fünf Jahren Ausland wieder schwedischen Boden betrat, war er voller Projekte: Erfindungen, technische Verbesserungen und Pläne für mehrere Bücher. Seine Erfindungen betrafen die Gebiete der Navigation, des Bergbaus, der Militärwissenschaften und der Küstenverteidigung. So entwarf er – wenn auch nicht als erster – ein U-Boot, den Vorläufer des modernen Gewehrs und verschiedene Pumpen und Dampfmaschinen. Auch die Luftfahrt faszinierte ihn. Eines seiner Flugmodelle war 1939 auf der Weltausstellung in Chicago zu sehen. Eine Wasseruhr geht auf sein Konto ebenso wie mechanische Reproduktionen von Silhouetten oder eine „Methode, die Neigungen und Affekte des menschlichen Geistes zu messen“. Den Universitäten und ihren altertümlichen Einstellungen gegenüber war er kritisch und entwarf bessere Akademien. Sein Vater war nicht begeistert, daß sein Sohn mit Ideen von Luftschiffen, U-Booten und gar selbstbewegenden Wagen aus dem Ausland zurückkam. Ablehnung und Abwehr war auf schwedischer Seite zu konstatieren, bis König Karl XII. aus dem Exil zurückkam und das Genie dieses Mannes entdeckte. Der König, den Voltaire für einen der außergewöhnlichsten Menschen überhaupt hielt, war auch in den Wissenschaften beschlagen und unterhielt sich zeitweise täglich mit Swedenborg darüber. Unter anderem beauftragte er ihn damit, das Dezimalsystem durch ein praktikableres zu ersetzen. Vor allem aber machte er ihn zum Mitglied des Direktoriums des schwedischen Bergbaus, nicht ohne Widerstände zu provozieren. Einer seiner Gegner, Hjärne, durfte sich in den späteren Visionen Swedenborgs wiederfinden, und zwar als Bewohner der Hölle. Unermüdlich arbeitete Swedenborg in der neuen Position, brachte Traktate heraus über Feuer und Schmelztechnik, über die Geologie und die Fossilien und legte ein umfangreiches Manuskript zur Geometrie und Mathematik vor. Auch vor dem Sonnensystem machte er nicht Halt und wies in einer Schrift nach, daß die Erde sich früher langsamer drehte – ein Grund dafür, daß die biblischen Gestalten wie Adam oder Noah so alt wurden. Zugleich widmete er sich der Anatomie und dem Nervensystem und stellte Hypothesen über die Gehirntätigkeit auf, die von der späteren Neurologie bestätigt wurden. Immer blieb die Praxis in seinem Gesichtsfeld, etwa wenn er Vorschläge für das schwedische Währungssystem machte.
Swedenborg war einer der reiselustigsten Wissenschaftler überhaupt. Der Wissensdurst führte ihn nach England und dem Kontinent. Dabei verfolgte er immer praktische Ziele, vor allem bei der Besichtigung von Bergwerken in Böhmen, Sachsen, Hessen oder im Rheinland. Die Reisen hielten ihn aber nicht von der wissenschaftlichen Arbeit ab, im Gegenteil. Viele seiner wissenschaftlichen Werke entstanden auf eben diesen Fahrten. Sie aufzuzählen, käme einer Enzyklopädie gleich. Insgesamt hat er etwa 25 starke Bände in den Wissenschaften hinterlassen. In vielem ist er den materialistischen Interessen seiner Zeit nahe, doch beginnt er bald über sie hinauszugehen. Das sichtbare Universum erscheint ihm als ein Ausdruck des Unendlichen, das nicht zu reduzieren ist. Die Wissenschaft allein reicht nicht aus, es zu verstehen. Es hat sozusagen eine Seele. Das Leben ist nicht ohne eine gestaltende Lebenskraft zu verstehen und das Universum selbst ist ein lebendiger Organismus. Noch bevor es zu seiner geistigen Berufung kam, entwickelte er eine Art psychosomatisches Verstehen von Wissenschaft. In einem merkwürdigen Traumtagebuch von 1744 notierte er, wie die Träume ihm Erklärungen und Lösungen für seine wissenschaftlichen Fragestellungen bringen. Ein Traum in der Nacht vom 11. auf den 12. April 1744 etwa erläutert ihm die Funktionsweise von Drüsen. Einige Tage später erfährt er im Traum, wie er seine Forschungen über die Muskeln voranbringt. Im August belehrt ihn ein Traum, wie ein bestimmtes Kapitel in seinem Buch über das Tierreich zu korrigieren sei. Die Zustimmung zeigt sich immer in der Gestalt einer Flamme. Doch das ist alles nur ein Vorspiel. Erst die Begegnung mit Christus führt zu einer kompletten Umgestaltung seines Denkens und selbst seines körperlichen Daseins. Obwohl er ein großer Verehrer der Frauen ist und einen starken sexuellen Trieb verspürt, notiert er nun, dass er die Frauen aufgegeben habe. Swedenborg blieb zeitlebens Junggeselle.
Was wird nun aus seiner Wissenschaft? In einem Traum begegnen ihm zwei Frauen, eine ältere und eine jüngere. Er küsst beider Hände, doch weiß er nicht, welche er lieben soll. Er interpretiert die Begegnung so: die ältere vertritt seine erste Lebensphase, die der Wissenschaften, die jüngere seine zweite Phase, die der geistigen Welt. Er beginnt maßvoller zu essen, was ihm schwerfällt, denn er liebt das ausladende Frühstück der Schweden. Das neue Leben, das sich in den Visionen ankündigt, öffnet ihm den Himmel. Am hellen Tag kann er nun oft stundenlang in die andere Welt schauen und dort ein zweites Leben führen, voller Erleuchtungen und neuer Erkenntnisse über das Diesseits und Jenseits. Die Engel erklären ihm jede einzelne Zeile der Bibel, deren Deutung nun sein Lebenswerk wird. Er trägt einen neuen Namen, Nikolaus, und lebt in einem zweiten Leib, der auf merkwürdige Art mit dem ersten verbunden ist. Ebenso ist die Geisterwelt in vielem der unseren ähnlich. Martin Luther trifft er in einem Haus, das ganz ähnlich dem ist, das Luther in Wittenberg bewohnte. Bei der Begegnung mit Swedenborg muss der Reformator auf schmerzhafte Weise lernen, daß seine religiösen Vorstellungen falsch waren. Einmal sieht er einen langen Reigen von Ziffern und erkennt, dass es Engel sind. Engel sind im Übrigen nichts anderes als Menschen, besondere Menschen, die sich entwickelt haben, aber die Engel können sich oft nicht mehr an die Menschen erinnern. Doch bei allem erhält er sich wissenschaftliche Grundhaltungen. So datiert er immer wieder seine Visionen. Er bleibt auch skeptisch, überprüft, ob es sich um Illusionen handeln könnte und lässt sich von Ekstasen nicht notwendig beeindrucken. Einmal besucht ihn ein Teufel, doch er lässt ihn nicht herein, sondern spricht mit ihm durch das Fenster. Sie führen ein theologisches Gespräch, Swedenborg weist dem Teufel seine Denkfehler nach, woraufhin dieser ausruft: „Ich bin verrückt“ und seine Fehler einsieht. Die Konversion hält jedoch nicht lange an. Swedenborg liebt es, didaktisch vorzugehen. Auch in der Geisterwelt möchte er Lehrer sein. Die Regionen seines Himmels, schreibt Ernst Benz, sind Klassenzimmer, in denen die Geister studieren. Himmel und Hölle sind voll von Debattierklubs, Schulen und Akademien. Er führt wissenschaftliche Experimente im Jenseits durch, die die Aufmerksamkeit der höheren Himmelswelten erregen. So will er wissen, welchen Begriff von Raum und Zeit die Bewohner des Geisterreiches haben. Im diesseitigen Schweden meidet er die Universitäten, im Jenseits aber hat er mehrere Lehrstühle. Er rechnet ab mit den irdischen Theologen, den Bischöfen und religiösen Fanatikern und weist den Kirchenvätern ihre Arroganz und Unwissenheit nach. Die Herrschaften segeln in einem prachtvollen Schiff durch die Lüfte, doch als Swedenborg sie auf ihre Irrtümer anspricht, löst sich das Schiff auf und die Theologen liegen zerlumpt im Sand. Die Orthodoxie hat es schwer in seinem Himmel.
Auch nach seiner Wende blieb er ein produktiver Autor. Er schrieb weitere 25 Bände über seine Erfahrungen im Geisterreich und dessen Beziehungen zur Erde. Dabei hatte er keine Schreibkräfte, sondern sah sich als Sekretär des Geistes, der ihm alles diktierte. In seinem Arbeitszimmer gab es keine Bücher oder Zettelkästen. Alles strömte unmittelbar in seine Hand. Sein Freund Graf Höpken sagte, Swedenborg habe in seinen späten Jahren nicht mehr die Bücher anderer gelesen, weil er so beschäftigt war, seine eigenen zu schreiben.
In der Theologie stritt er für die Liebe, die ebenso wichtig wie der Glaube sei und nicht von ihm getrennt werden dürfe. Die guten Taten sind Ausdruck dieser Liebe. Seine folgenreichste Lehre besteht in dem System der Korrespondenzen, das er bis in Details verfolgte. Er stellt darin etwas zusammen, was man eine Enzyklopädie der Entsprechungen nennen könnte. Das Universum als Ganzes hat eine menschliche Gestalt und jeder Aspekt entspricht einem Teil des menschlichen Körpers. Die Nase ist gut und mit ihren beiden Löchern kann sie zwischen gut und böse unterscheiden. Die Augen korrespondieren überirdischen Lebensgemeinschaften, die parkähnliche Regionen bewohnen. Jedes in der Bibel erwähnte Tier hat eine genaue geistige Funktion. Uraltes Denken meldet sich bei Swedenborg, doch profitiert es von seinen genauen Kenntnissen der Anatomie, Physiologie oder Neurologie. Das Denken in Korrespondenzen inspirierte Goethe ebenso wie später Emerson, Baudelaire oder auch Joyce. Da das ganze Universum auf den Menschen bezogen ist, ist nicht nur die Erde von intelligenten Wesen bewohnt, sondern auch die anderen Planeten. 1758 publiziert er das Werk, das umfassend Auskunft über die Geistesformen der außerirdischen Welt gibt. Auf deutsch erschien es 1770 unter dem prägnanten Titel Von den Erdcörpern der Planeten und des gestirnten Himmels Einwohnern, allwo von derselben Art zu denken, zu reden und zu handeln, von ihrer Regierungs-Form, Policey, Gottesdienst, Ehestand und überhaupt von ihrer Wohnung und Sitten, aus Erzählung derselben Geister selbst durch Emanuel Swedenborg Nachricht gegeben wird. Ein Werk zur Prüfung des Wahren und Wahrscheinlichen, woraus wenigstens vieles zur Philosophie und Theologie, Physik, Moral, Metaphysik und Logik kann genommen werden, aus dem Latein übersetzt und mit Reflexionen begleitet von einem, der Wissenschaft und Geschmack liebt. Kant, der über Swedenborg lästerte, hat sich im Übrigen auch für die Vorstellung von intelligenten Wesen im Weltraum erwärmen können. Swedenborg hatte jedoch den Vorteil, dass er sich mit den Bewohnern von Mars, Jupiter und Venus unterhalten konnte. Auf Jupiter schaut man sich nicht direkt an, man spricht auch leiser als bei uns und drückt mehr mit dem Gesicht aus. Das Sprechen auf dem Mars gleicht eher einem Lufthauch. Die Geister vom Merkur interessieren sich in erster Linie für die Vergrößerung ihres Wissens. Sie denken schneller als die Menschen und haben keine Bücher nötig. Da das ganze Universum ein Mensch ist, entsprechen die Planetengeister verschiedenen Funktionen im Körper dieses Menschen. Die Erdgeister stellen die Haut dar, während der Merkur für das Gedächtnis steht.
Immer wieder nimmt Swedenborg seine kosmischen Flüge auf, sie sind ihm zur Routine geworden. Wenn man seine Berichte liest, fragt man sich, ob er wirklich seinen Gesundheitspass hatte. Jorge Luis Borges, einer seiner Bewunderer, schrieb, man habe keinen Augenblick lang einen Zweifel, dass Swedenborg bei Verstand war. Sein Doppelleben führte allenfalls zu gewissen exzentrischen Erscheinungen. Sein privates wie öffentliches Leben nach seiner spirituellen Wende bestätigen diese Einschätzung. Um sich zu amüsieren, legte er sich Hecken in Form eines Labyrinthes an und freute sich, wenn Gäste und vor allem Kinder sich darin verirrten. Tag und Nacht arbeitete er und war fast immer gesund, auch wenn er hauptsächlich von Brot, Milch und Kaffee lebte. Kaffee brauchte er ständig, doch ging er nicht daran zugrunde wie vermutlich sein Bewunderer Balzac. Wenn er einmal kurz krank wurde, schrieb er es der Tätigkeit von Dämonen zu, insbesondere Zahnschmerzen. Er lehnte Medikamente ab, weil ihm in einer Vision mitgeteilt wurde, dass die Schmerzen bald nachlassen würden. Er war zeitlebens, auch durch eine Erbschaft, vermögend und konnte sich einen angenehmen Lebensstil leisten, doch blieb er einfach. Das Geld floss in seine Reisen und Bücher, deren Druck er meist selbst finanzierte. Was ihn glaubhaft macht, ist dass er nie versuchte, andere zu missionieren. Vielleicht ist deshalb die Neue Kirche, die sich auf seinem Werk gründet, nie besonders gewachsen. Er versuchte nie, Geschäfte mit seinen visionären Fähigkeiten zu machen und lehnte es ab, als Wahrsager missbraucht zu werden.
Die Seeleute erzählten, dass sie auf Fahrten mit Swedenborg an Bord immer gutes Wetter hatten. Sie hatten Respekt vor diesem seltsamen Einzelgänger und nahmen es gutmütig hin, wenn er meist in der Kabine lag und Selbstgespräche zu führen schien. Höhere Kräfte, scheint es, sorgten auch dafür, dass er immer genügend Kaffee dabeihatte. Jeder erkannte, dass Swedenborg kein Scharlatan war, sondern ein bescheidener und besonders begabter Mensch. Auch als öffentlicher Mensch betätigte er sich weiterhin. So nahm er Stellung zur Frage von Monarchie und Republik und war der Auffassung, dass Gott größeres Gefallen an Republiken habe. Die Meinungsfreiheit war ihm wichtig und er hatte Mitleid mit den Deutschen, denen diese Freiheit lange Zeit nicht vergönnt war. Die Deutschen könnten sich deshalb nicht auf eigene Meinungen berufen, sondern müssten immer auf Bücher verweisen. Auch in die Frage des für Schweden immer akuten Alkoholismus mischte er sich ein und forderte ein staatliches Monopol für die Herstellung alkoholischer Getränke. Mochte er seinen Zeitgenossen als hoffnungsloser Visionär, als Mondelixier erscheinen, schreibt Emerson, so führte er doch ein höchst reales Leben in dieser Welt.
Eines Tages bemerken die Engel, dass Swedenborg traurig ist. Als sie ihn nach dem Grund fragen, antwortet er, er habe den Menschen große Erkenntnisse mitgeteilt, doch sie hielten sie für wertlos. Man schreibt die Wahrheit auf ein Stück Papier und lässt es zur Erde hinabfallen. Solange es durch das Geisterreich fällt, leuchtet das Papier, doch die Schrift wird immer dunkler, je näher es der Erde kommt. Als es schließlich ankommt, zerreißen es die Menschen, die nichts damit anzufangen wissen. Swedenborg wurde Zeit seines Lebens kaum ernstgenommen. Doch weil er wusste, dass er die Wahrheit sagte, konnte er dies ertragen.
Ein Beitrag von Prof. Elmar Schenkel
Literaturhinweise:
Ernst Benz, Emanuel Swedenborg: Naturforscher und Seher. Zürich: Swedenborg Verlag 1969.
Jorge Luis Borges, Essays 1952 – 1979. Gesammelte Werke 5/II. München: Hanser 1981.
Ralph Waldo Emerson, “Swedenborg; or, the Mystic”, in The Complete Prose Work of R.W. Emersons. London: Minerva o.J., S. 182-196.
Olof Lagercrantz, Vom Leben auf der anderen Seite. Ein Buch über Emanuel Swedenborg. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1997.
© Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie e. V.
Geister sehen? Pauschal würde man sagen, dass das nicht möglich ist. Wahrscheinlich würden die meisten Menschen sagen, dass es Geister überhaupt nicht gibt. Den Geist als Teil den menschlichen Denkens gibt es aber durchaus, schätze ich mal.
Was aber sollen Geister sein? Darüber habe ich recherchiert, wirklich schlau bin ich dadurch allerdings nicht geworden:
„Das Wort Geist ist altgriechischer Herkunft: πνεῦμα pneuma, νοῦς nous und auch ψυχή = deutsch -> Psyche. Ein Geist ist ein feinstoffliches (immaterielles) Wesen mit übernatürlichen (jedoch begrenzten) Fähigkeiten. Gespenster haben sich bewusst entschieden, in dieser Materie Welt zu bleiben. Manchmal werden Gespenster auch spukende Totengeister bezeichnet. Geister hingegen wandeln zwischen den Welten – und können nicht endgültig die Welt der Materie verlassen“
Nun gut, wie gesagt, richtig schlau werde ich dadurch nicht. In den Mythen tauchen unterschiedliche Arten von Geistern auf, manche davon sind durchaus fieser Natur, z. B. der Geist Gello ->
https://www.mythologie-antike.com/t292-gello-mythologie-geist-der-jungfrauen-schwangere-und-kleinkinder-totet
Interessanterweise war Henri Corbin, der große Kenner des schiitischen Islams und Wiederbegründer der Kategorie des
„Imaginalen“ als ontologischer Kategorie in die westliche Philosophie am Ende seines Lebens Mitglied der svedenborgianischen Kirche.