Lamassu

Ich bin der assyrische Schutzdämon „Lamassu“. Mein Name stammt aus der akkadischen Sprache. Mein Körper ist der eines Stieres, mein Kopf der eines Menschen und ich trage die Flügel eines Adlers. Ich bin ein Mischwesen. Der Stier symbolisiert meine Kraft, mein menschliches Haupt bezeugt meinen Verstand und meine Flügel stehen für unbegrenzte Freiheit.

Die Assyrer erkannten in mir für gewöhnlich ein weibliches Wesen. In den Königspalästen wurde ich oft als stehende Gestalt dargestellt. Meine Aufgabe als Dienerin war es, die Gäste zu einer höheren Gottheit zu führen. Das männliche Pendant zu mir nannte man „šedu“, was ebenfalls aus der akkadischen Sprache stammte und in etwa wie „schedu“ ausgesprochen wurde.

Im Neuassyrischen Reich wurden unsere Abbilder häufig paarweise in Form von monumentalen Statuen vor den Eingängen der Königspaläste aufgestellt, so zum Beispiel in Khorsabad und in Ninive. Als Tor- und Palastwächter wurden wir meist mit fünf Beinen abgebildet. Unsere Aufgabe war es, das Übel abzuwehren. In einem antiken Text heißt es: „Möge der gute šêdu zu meiner Linken und der gute lamassu zu meiner Rechten gehen“.

Die Sumerer verehrten das Mischwesen „lama“, welches wohl als mein Vorfahre betrachtet werden kann. Auch „lama“ galt als weibliches Wesen und ihr männliches Gegenstück wurde „alad“ genannt. Unsere steinernen Abbilder wurden von den Sumerern als „aladlammû“ oder „lamassu“ bezeichnet. Daher stammt wohl auch mein Name.

In Ninive bewachte ich seit dem Jahr 700 v. Chr. das Nergal-Tor, eines der ehemals fünfzehn Stadttore, die den Zugang zur Stadt gewährten. Leider wurde mein steinernes Abbild im Jahr 2015 im Zuge von Kriegshandlungen zerstört. In zahlreichen Museen, beispielsweise auch im Berliner Pergamonmuseum, kann man mich jedoch bis heute kennenlernen und die antiken Zeugnisse meiner Präsenz in der Geschichte bewundern.


Lamassu dankt herzlich seinem Autor Andreas Erler. 

Mehr Informationen über mich finden Sie unter:

Wolfram von Soden: Die Schutzgenien Lamassu und Schedu in der babylonisch-assyrischen Literatur. In: Baghdader Mitteilungen. Bd. 3, 1964, S. 148–156.

Nils C. Ritter: Human-headed winged bull. In: Iconography of Deities and Demons. November 2010.

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