Vergessene Götter: Bes, der göttliche Dämon

Hören oder lesen wir von den Gottheiten des ägyptischen Pantheons, ist zumeist von Re, dem Sonnengott, Isis, der Göttin der Magie sowie der Geburt und Wiedergeburt, ihrem Gemahl, dem Totengott Osiris, oder aber dem Himmels- und Königsgott Horus und dessen Gegenspieler Seth, dem Gott der Wüsten und des Chaos, die Rede. Bes (“der Schützer”, vermutlich von “besa” > beschützen) dagegen ist vor allem den Ägyptologen ein Begriff. Dabei kann es seine Popularität in der ägyptischen Religion durchaus mit der der “Großen Götter” aufnehmen. Seine Präsenz ist seit dem Mittleren Reich (ca. 2000 v. Chr.) durch verschiedene archäologische Funde belegt. Bes ist Dämon, Zwerg, Gottheit, Fabelwesen, Magier, Tänzer, Symbol, Maske, mythischer Besänftiger – einer der beliebtesten und weitverbreitetsten ägyptischen Götter (Wilkinson, S. 102), über dessen Anfänge wir nur wenig wissen. Das Museum August Kestner (MAK) in Hannover hat ihm gegenwärtig unter dem Titel “Guter Dämon Bes – Schutzgott der Ägypter” eine Sonder- und Wanderausstellung gewidmet, welche in Kooperation mit dem Allard Pierson Museum in Amsterdam und der Ny Carlsberg Glyptotek Kopenhagen entstanden ist. Sammlungsstücke aus ganz Europa (u. a. auch aus dem Ägyptischen Museum Georg Steindorff der Universität Leipzig) sind hier – hoffentlich recht bald wieder – für das Publikum zugänglich.

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Ordnung, Opfer und Unsterblichkeit: Ein Rundgang durch das Ägyptische Museum in Leipzig

Unsere Oktober-Exkursion führte das Team vom MYTHO-Blog ins Ägyptische Museum der Universität Leipzig, genauer genommen in die Sammlung des in Dessau geborenen Ägyptologen Georg Steindorff (1861-1951), der auf seinem Fachgebiet nicht nur als einer der führenden Gelehrten seiner Zeit galt, sondern in den Jahren 1923/24 auch das Amt des Universitätsrektors innehatte. Die umfangreichen Ausstellungsstücke, welche der Besucher auf drei Etagen in den ehemaligen Bankräumen des Leipziger Krochhochhauses bestaunen kann, stammen aus Ausgrabungen in und um Gizeh, Aniba (südlich von Assuan) und Qau el-Kebir (Mittelägypten). Ein Großteil der Sammlung umfasst dabei Kleinkunst des Grab- und Hausgebrauchs vom Alten Reich bis in die Ptolemäerzeit. Zunächst Teil der privaten Gelehrtensammlung, verkaufte Steindorff eine Vielzahl der Objekte 1936 an die Universität, ehe er aufgrund seiner jüdischen Herkunft dauerhaft in die USA emigrierte.

Auf der Führung durch die Sammlung hatten wir nicht nur das Gefühl in eine für uns fremd und doch erstaunlich nahbar wirkende Zeit und Kultur einzutauchen, sondern wir erfuhren auch so manch Bekanntes, aber auch Neues. Ein spannender Rundgang, den wir angesichts der aktuellen Corona-Restriktionen, gern mit unseren Leserinnen und Lesern teilen möchten.

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"Beschreiben nützt nichts, ansehen." – Der Mythos Nofretete

“Lebensgroße bemalte Büste der Königin, 47 Zentimeter hoch. Mit der oben gerade abgeschnittenen blauen Perücke, die auf halber Höhe noch ein umgelegtes Band hat. Farben wie eben aufgelegt. Arbeit ganz hervorragend. Beschreiben nützt nichts, ansehen.” (Tyldesley, S. 140)

Die Sätze, die der deutsche Ägyptologe Ludwig Borchardt in seinem Grabungstagebuch von 1912/13 notierte, klingen präzise und nüchtern angesichts der Tatsache, dass es ihm gelungen war, einen der bedeutendsten Funde der ägyptischen Amarna-Zeit zu entdecken. Natürlich war er sich zu diesem Zeitpunkt des Hypes, den der mit bemaltem Gips überzogene Kalkstein im christlichen Abendland auslösen sollte, nicht bewusst. Ein Hype, der bis heute nichts an Intensität verloren hat und Künstler, Bewunderer und Schönheitsfetischisten gleichermaßen in seinen Bann schlägt.

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Von Sternen und Hunden: Eine Begegnung mit dem Sommer

“Dunst ist die Welle,
Staub ist die Quelle!
Stumm sind die Wälder,
Feuermann tanzt über die Felder!

Nimm dich in acht!
Eh du erwacht,
Holt dich die Mutter
Heim in der Nacht!”

(Die Regentrude, Theodor Storm)

Liebe Leserinnen und Leser,

auch der Mytho-Blog bleibt dieser Tage von der Sommerhitze nicht verschont. Mir fällt dabei immer spontan das Märchen von der Regentrude aus der Feder des Schriftstellers und Lyrikers Theodor Storm (1817-1888) ein. Der Feuermann tanzt über die Felder und das Vieh verdurstet auf den Weiden. Nur durch ein magisches Sprüchlein und die Furchtlosigkeit eines Liebespaares, das sich durch eine fantastisch unwirkliche Landschaft kämpfen muss, die eher wie der Abstieg zur Hölle denn der Aufstieg in Himmel und Wolken anmutet, kann der Schlafbann, der über der Regentrude liegt, gebrochen werden. Noch immer habe ich die Märchenschallplatte dazu im Schrank stehen, und wenn mich bei diesen Temperaturen die Muße packt, hülle ich mich damit des Abends in wohliges Gruseln.

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Tierwesen: Über eine mythisch-cineastische Beziehung

Es ist wieder soweit! In den Kinos flimmern zum zweiten Mal die “Phantastischen Tierwesen” der britischen Autorin und “Mutter von Harry Potter”, Joanne K. Rowling, über die Leinwand und begeistern große und kleine Zauberer und Hexen, sorry, Zuschauer, natürlich. Da gibt es den süßen Niffler, eine Art bepelztes Schnabeltier mit körpereigenem Kängurubeutel, in den er alle glitzernden und glänzenden Sachen stopft (vorzugsweise Münzen, Goldbarren und Schmuck), die er in seine Pfötchen bekommt. Ebenfalls mit von der Partie ist der Bowtruckle Pickett, der Ähnlichkeit mit einem grünen Miniatur-Baum-Insekt aufweist. Auf Bäumen lebt seine Art denn auch, bevorzugt in solchen, die sich für die Herstellung von Zauberstäben eignen. Von Bowtrucklen weiß man, dass sie aufgrund ihrer Größe gut Schlösser knacken können. Exemplare wie Pickett entwickeln zudem eine relativ große Anhänglichkeit für ihre Beschützer und reagieren entsprechend vergnatzt, wenn man sie für scheinbar unlautere Pläne einspannen will. So geschehen im ersten Teil der “Phantastischen Tierwesen”, als Pickett an den gierigen Kobold Gnarlak gegen wichtige Informationen verkauft werden soll. Natürlich nur zum Schein. Streit vorprogrammiert.

Weitere Tiere (in Auswahl), die die meiste Zeit über im Koffer des Zauberers Newt Scamander (seines Zeichens Autor eines Buches über magische Geschöpfe) leben, hören auf Namen wie Graphorn, Occamy, Knuddelmuff und Murtlap. Einer meiner persönlichen Lieblinge ist allerdings der Böse Sturzfalter, ein Tierwesen, das Reptil und Insekt in sich vereint. Passenderweise bewirkt sein Gift das Vergessen von unschönen, leider aber auch schönen Erinnerungen. Wenn man sich denn daran erinnert. Sturzfalter ernähren sich bevorzugt von menschlichen Gehirnen. Stolpert man also zufällig über seinen recht unscheinbar wirkenden Kokon, bitte nicht berühren, denn einmal geweckt und im Flug begriffen, kann der Böse Sturzfalter eine beachtliche Größe annehmen.

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