Warum Mythologie?

Nachdem ich in vielen kleinen Gesprächen die sehr freundliche Bekanntschaft des Arbeitskreises zur Jubiläumsfeier im Januar 2020 gemacht hatte, wurde mir die Möglichkeit geboten, auch an seinem Blog auf der Homepage mitzuarbeiten. Darüber freute ich mich sehr, worauf sich aber auch sogleich die Frage anschloss: Worüber soll ich eigentlich schreiben? Mein Interesse an Mythen und Mythologie wurde schon in der Jugend geweckt, hielt über die Jahre des Studiums und danach an und tut dies auch nach wie vor. Entsprechend ist – um eine Formulierung Cassirers aufzugreifen – „die verwirrendste Tatsache nicht der Mangel, sondern der Überfluss” (Cassirer 1949, S. 8) des möglichen Themenmaterials und auch der möglichen Zugriffsweisen, wie sie sich in fortlaufender Lektüre und Nachdenken erschlossen haben. Nach einem Blick in meine Magisterarbeit über den Mythos bei eben zitierten Ernst Cassirer und eingedenk mancher Gespräche mit Freunden und Kollegen, entschloss ich mich endlich dazu, mich in meinem ersten Beitrag mit einer recht allgemeinen Frage auseinanderzusetzen: Warum eigentlich Mythologie?

Der Mythos in den Zeiten von Corona – An die Leser unseres Blogs

Jeder Anruf enthält Geschichten heute. Jeder weiß etwas anderes, kennt Fälle, berichtet von Nachbarn, Freunden, von sich selbst, aus der Zeitung, aus dem Internet, kennt jenes Gerücht, diese Zahl. Noch nie ist unserer Generation so deutlich geworden, wie wichtig das Erzählen für uns Menschen ist. So ist es in anderen Seuchenzeiten gewesen, so war es in den Kriegen, in den Umwälzungen von der Französischen bis zur Friedlichen Revolution. Wir stellen fest, dass wir auf solche Erzählungen angewiesen sind: sie helfen uns zur Orientierung, sie trösten oder regen auf, sie lenken ab und unterhalten.

„Der Mythos in den Zeiten von Corona – An die Leser unseres Blogs“ weiterlesen

Sibirische Mythen – Eine Reise nach Jakutien

Als ich dort hinreiste, wusste ich nur dies: Jakutsk ist die kälteste Hauptstadt der Welt. Dort sollte eine Konferenz zum 175. Geburtstag Nietzsches stattfinden, einem Philosophen also gewidmet, der wusste, was Kälte war. Von Moskau fliegt man ca. 6 Stunden und überquert so manche Zeitzone. Der Flughafen lag wie eine gefrorene Eisprinzessin in der weißen Wüste. Mein Koffer war nicht mitgekommen, aber ich kam in eine warme Wohnung. Meine Gastgeber, eine Philosophin und ein Dirigent sowie ihre Familie tischten nach russischer Art auf! Und ich begann mehr zu erfahren über dieses für uns so unbekannte Land, das offiziell Republik Sacha heißt. Reich an Bodenschätzen, die größten Diamantvorkommen der Erde. Auf den Straßen, mitten in der Stadt, weiße struppige Pferde, wilde Pferde, die im Schnee scharren. Es dampft allüberall in der Kälte, der Atem, der Rauch der Häuser. Jakutien liegt im Nordosten Sibiriens, es ist fast so groß wie Indien und neunmal so groß wie Deutschland.

„Sibirische Mythen – Eine Reise nach Jakutien“ weiterlesen

Raven Tales

Einer der vorigen Blog-Beiträge behandelte die Rolle des Raben in der Mythologie der Nordwestküsten-Indianer – er ist einer der prominentesten Trickster in den indigenen Kulturen Nordamerikas. Mittlerweile bedienen sich die Indianer auch zeitgenössischer Medien, um die Trickstergeschichten zu erzählen. Im Jahr 2004 eroberte der Trickfilm Raven Tales: How Raven Stole the Sun die Leinwände indigener und internationaler Filmfestivals. Die Jury des ImagineNATIVE in Toronto kürte den 26-minütigen Trickfilm zur Best Television Production des Jahres. Auf dem American Indian Film Festival in San Francisco wurde er mit dem Best Animated Short Award ausgezeichnet. Weitere Preisverleihungen folgten und machten Raven Tales zu einer der erfolgreichsten Produktionen des Native American Film. Die mittels CGI (Computer-Generated Imaging) realisierte 3D-Animation wurde von dem Cherokee Chris James entwickelt und von den in Calgary ansässigen New Machines Studios in Zusammenarbeit mit dem Kwakwaka’wakw-Künstler Simon James produziert.

„Raven Tales“ weiterlesen

Verwandlung

“Von den Gestalten zu künden, die einst sich verwandelt in neue
Körper, so treibt mich der Geist. Ihr Götter, da ihr sie gewandelt,
Fördert mein Werk und lasset mein Lied in dauerndem Flusse
Von dem Beginne der Welt bis auf meine Zeiten gelangen!”

(Ovid, Metamorphosen, Buch 1, Vs. 1-4)

Alles um uns herum befindet sich in steter Veränderung. Jeder Aspekt unseres menschlichen Lebens führt uns das Tag für Tag vor Augen, und dennoch tun sich die meisten Menschen mit Veränderungen eher schwer. “Das Leben gehört den Lebendigen an, und wer lebt, muß auf Wechsel gefasst sein”, sagte Johann Wolfgang von Goethe, wobei er wohl eher auf den eben beschriebenen, täglichen Umgang mit dem steten Fluss des Neuen anspielt, als die Verwandlung einer jungen Frau in eine Kuh.

„Verwandlung“ weiterlesen