Grässlich, hässlich, menschlich? – Auf Spurensuche in der mythischen Welt der Monster

Ob Alf, der knuffige Besucher vom Planeten Melmac, das geifertriefende Alien mit seinen Rasiermesserzähnen, Bram Stokers blutgierender Graf Dracula oder das aus Leichenteilen gefertigte Geschöpf des Viktor Frankenstein, sieht man sich in der modernen und postmodernen Fernseh-, Film-, Werbe-  und Literaturlandschaft um, kommt man um die absonderlichen Gestalten nicht herum, die uns mal Furcht einflößen, mal Mitleid in uns erwecken oder uns sogar zum Lachen bringen.

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Mythisch-Literarisches Bestiarium

“… wir haben ein Handbuch der seltsamen Geschöpfe zusammengestellt, die im Lauf der Zeit von der menschlichen Phantasie erzeugt wurden. Wir kennen den Sinn des Drachen ebenso wenig wie den Sinn des Universums, aber in seinem Bild ist etwas, das der menschlichen Vorstellungskraft entspricht, und so erscheint der Drache in verschiedenen Gebieten und zu verschiedenen Zeiten. Ein Buch dieser Art kann nur unvollständig sein; jede neue Ausgabe ist der Kern späterer Ausgaben, die sich ins Unendliche vervielfältigen können.” Der Bibliothekar und Schriftsteller Jorge Luis Borges (1899-1986) hat im Vorwort zu seinem “Buch der imaginären Wesen” eben jene Gattung von Texten zusammengefasst, die seit dem Mittelalter als Bestiarien bekannt sind. Darunter verstehen wir illuminierte Handschriften, meist in Buchform zusammengestellt, die Tiere, Mischwesen, aber auch Pflanzen und gar Steine beschreiben. Ein Kompendium der Naturgeschichte, angereichert mit menschlicher Fantasie, der Überlieferung von antikem Wissen, mit einem christlich-moralischen oder gar allegorischen Grundton versehen und oft in einer symbolhaften Sprache verfasst. In Bestiarien tummelt sich, was unmöglich scheint. Fliegende Pferde. Meerjungfrauen. Drachen in allen möglichen Varianten. Löwen. Greife. Und nicht zu vergessen Einhörner. Wie schon das in “Bestiarium” verwendete lateinische Wort “bestia” (wildes Tier) besagt, sind es neben bekannten oder unbekannten echten Tieren vor allem Mischwesen und Monster, die Fabelwesen also, deren Geschichten und auch deren Gestalten auf diese Weise die Zeiten überdauert haben.

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Der Neunkräuterzauber, oder: Von der Magie der Medizin

Die Medizin der Vergangenheit mag uns heute fragwürdig vorkommen. Gerade wenn das ‘düstere Mittelalter’ erwähnt wird, ein Zeitabschnitt, der immerhin fast eintausend Jahre einnimmt, fallen Begriffe wie Quacksalber und Aberglaube. Von Erkältungen, kleinsten Verletzungen seien die Menschen wie die Fliegen gestorben. Dass jedoch Ärzte an der großen Schule von Salerno im 12. Jahrhundert durch Bohrung erfolgreiche Operationen am offenen Gehirn durchführten, lässt so manchen innehalten. Dort florierte die fortschrittlichste Medizin, vor allem durch die Nähe zum arabischen Raum, welcher damals die hervorragendsten Ärzte hervorbrachte.

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Verhängnisvolle Schönheit und verdammende Hässlichkeit – Der Glöckner von Notre-Dame

Es ist ein farbenfrohes, grausames Bild, das der berühmte französische Schriftsteller Victor Hugo (1802-1885) in seinem historischen Roman Der Glöckner von Notre-Dame (1831) kreiert. Schauplatz ist das spätmittelalterliche Paris an der Schwelle zur Neuzeit, auf dessen Bühne er individuelle Schicksale, geschichtliche Hintergründe und Lebenskultur des 15. Jahrhunderts miteinander verbindet.

Seine Darstellungen der mittelalterlichen Gerichtsbarkeit, der Gewalt gegenüber Andersgläubigen und Menschen mit körperlicher Behinderung instrumentalisiert Hugo als eine Kritik an rückständigen gesellschaftlichen Konventionen sowie Vorurteilen und drückt Verurteilung der Todesstrafe und der Folter aus. Durch die Charakterzüge und Handlungsweisen seiner Figuren führt er uns vor Augen, wie tief die Verbindung von körperlicher und innerer Schönheit als Ideal unser Denken bestimmt. Dieser Konflikt taucht immer wieder auf und wird als solcher vom wenig attraktiven Glöckner Quasimodo aus seiner Sicht geäußert: “Was nicht schön ist, hat kein Recht zu sein; / Schönheit liebt allein nur Schönheit, / Dem April zeigt Januar den Rücken.” (S. 447)

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