Geschichten und kein Ende – Drei Jahre MYTHO-Blog

Liebe Leserinnen und Leser des MYTHO-Blogs,

der britische Religionswissenschaftler Robert A. Segal hat in seiner Publikation “Myth. A very short introduction” (dt. Mythos. Eine kleine Einführung, Reclam) das Grundlegende der Mythologie wie folgt auf den Punkt gebracht: “Es scheint auf der Hand zu liegen, dass ein Mythos bei allem, was er sonst noch sein mag, vor allem auch eine Geschichte ist”. Und Geschichten fordern vor allem eines: Dass sie erzählt werden. Darum sind wir besonders froh und stolz, in unserem MYTHO-Blog seit nunmehr drei Jahren jeden Freitag von den Kulturen und Religionen der Welt zu berichten, aber auch ureigene Impressionen über Ausstellungen, Reisen, Philosophie, Geschichte, Ethnologie, Literatur und natürlich alte und moderne Mythen vorzustellen und mit Ihnen zu teilen.

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Der MYTHO-Blog liest trotzdem- 4.0

Antihelden

Momentan lese ich den Roman Vernon Subutex 1 von Virginie Despentes, der 2015 als Teil einer Trilogie erschienen ist, die 2018 abgeschlossen wurde. Titelheld Vernon mit dem Heroinersatz im Nachnamen ist eigentlich ein richtiger Antiheld. Als tief mit der Rockszene der 80er verwachsener Verführer und ehemaliger Besitzer eines Pariser Plattenladens ist Vernon dem Wandel im Generellen (ausgenommen bei der Wahl seiner Bettgesellschaft) eher konservativ-skeptisch gegenüber eingestellt. Nützt jedoch nichts, denn die Handlung zwingt ihn aus seinem Stückchen eingestaubter Sicherheit heraus ins Unberechenbare, als sein Rockstarfreund und Mäzen, Alex, das Überdosis-Ticket zu Jimi Hendrix nimmt. Da finanziell von Alex abhängig, findet sich Vernon in einer schwitzigen Lage, die sich so prekär entwickelt, dass er nicht mal mehr das Geld für die Miete aufbringen kann und folglich auf der Straße landet.

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Der MYTHO-Blog liest trotzdem – 3.0

Legenden

Wenn ich bei Führungen von Schulklassen im Bremer Übersee-Museum die Frage stelle, wer schon mal etwas von Sitting Bull gehört hat, schaue ich normalerweise in leere Gesichter. Das Thema „Indianer“ scheint bei der heutigen jungen Generation kaum noch stattzufinden. Umso mehr überraschte und freute mich das Bekenntnis eines 13-Jährigen, seine Lieblingsbücher seien Die Söhne der Großen Bärin. Kaum ein Buch hat mich auf meiner Lesereise so sehr geprägt wie Liselotte Welskopf-Henrichs Romanzyklus. Mit zehn Jahren bekam ich den ersten Band geschenkt, der der Auslöser dafür war, dass aus meiner frühkindlichen Indianerbegeisterung ein zunehmend ernsthafteres Interesse wurde, das schließlich auch meine Berufswahl bestimmte.

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Der MYTHO-Blog liest trotzdem – 2.0

Zwischen den Welten

Ich bin ein Leser, der zwischen den Welten wandelt. Sachbuch oder Literatur? Man muss sich entscheiden. Was mir manchmal wirklich schwerfällt, da ich am liebsten alles auf einmal lesen würde. Lesen bedeutet für mich, die ganze Welt in meiner Wohnung zu versammeln, in Vergangenheit und Zukunft zu reisen oder einfach nur das Hier und Jetzt zu reflektieren. Lesen schließt die Seele auf.

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Der MYTHO-Blog liest trotzdem – 1.0

Liebe Leserinnen und Leser des MYTHO-Blogs,

die Leipziger Buchmesse muss im Jahr 2020 leider ausfallen. Wie viele andere Buchbegeisterte sind wir über die Entscheidung sehr traurig und enttäuscht, verstehen aber die Notwendigkeit aufgrund der aktuellen Gesundheitslage in Europa und der Welt. Da es gegen Viren noch keine umfassenden medizinischen Firewalls gibt, diese aber im Internet ein wenig effektiver existieren, haben wir uns entschlossen, unseren Blog in dieser Woche mit Literatur, Buchempfehlungen und Leseimpressionen zu füttern.

Das Team vom MYTHO-Blog möchte Sie daher in den kommenden Tagen auf eine etwas andere Lesereise einladen und auf ganz persönlich Weise über Literatur im Speziellen und das Lesen im Allgemeinen erzählen. Was schmökern unsere Blogschreiber aktuell? Welche Bücher haben sie berührt und zum Nachdenken angeregt? Welche Texte begleiten sie schon seit Jahren? Bücher sind so unterschiedlich wie die Menschen. Bücher führen zusammen. Bücher sind wir.

Das Team vom MYTHO-Blog wünscht Ihnen viel Freude beim Lesen!

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“Wir haben keine Mythologie …

Aber setze ich hinzu, wir sind nahe daran eine zu erhalten, oder vielmehr es wird Zeit, daß wir ernsthaft dazu mitwirken sollen, eine hervorzubringen.” (Friedrich Schlegel, Rede über die Mythologie)

Es sei Zeit für eine “neue Mythologie” postulierte der Philosoph, Schriftsteller und Altphilologe Friedrich Schlegel (1772-1829) in seiner 1800 erschienenen “Rede über die Mythologie”, die Teil des “Gespräch[s] über die Poesie” ist, eine Mythologie, die es verstünde, “eine alle Schichten der Gesellschaft verbindende geistige Kultur zu realisieren” (Stolzenberg, S. 73 ff.) und dabei die Poesie nicht nur als Mittel zum Zweck erkläre, sondern als höchste Instanz und Ausdrucksform des Realismus. “Die Mythologie ist ein solches Kunstwerk der Natur. In ihrem Gewebe ist das Höchste wirklich gebildet; alles ist Beziehung und Verwandlung, angebildet und umgebildet, und dieses Anbilden und Umbilden eben ihr eigentümliches Verfahren, ihr inneres Leben, ihre Methode” (Schlegel, Rede. S. 174). In der Mythologie also, fließt alles zusammen. Die Frühromantik suchte nach einer Mythologie, die den philosophischen Reflexionsstand der Gegenwart veranschaulichte. Das, was die Natur und den Menschen antreibt, sollte ästhetisch greifbar gemacht werden. Eine utopische, wenn auch verständliche Sinnsuche, bedenkt man, dass mit der Aufklärung und dem rasanten Aufstieg der Naturwissenschaften das “Alte”, in dem sich vor allem die Religion verankert fand, zunehmend an Bedeutung verlor. Die Mythologie als Brücke also sollte es sein, als moderne Memoria und als Wegbereiterin des “Neuen”.

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