Der Wanderer und das Licht – “Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten” von Florian Illies

Wir befinden uns im Museum, stehen vor einem Gemälde. Eine seltsame Anziehungskraft geht von diesem Gemälde aus. Es ist, als würden wir förmlich in die dargestellte Landschaft hineingezogen; wir fühlen uns fast wie eine der in Rückenansicht gemalten Personen, welche im Bild die Landschaft betrachten. Wir sehen Berge, Wälder oder auch das Meer, Segelschiffe, Nebelschwaden, Wolken, Himmel und – Licht. Es ist dieses Licht, was die Gemälde Caspar Davids Friedrichs so einzigartig macht, die unergründliche, schwer zu definierende Lichtstimmung, welche seinen Landschaften eine fast schon transzendente Wirkung verleiht.

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Stephen Fry: Helden. Die klassischen Sagen der Antike neu erzählt

Helden. Heroes. Heroen. Als Kind und Teenager wurde ich nicht müde, mithilfe diverser (halb)göttlicher Helden der griechischen und römischen Mythologie dem zuweilen tristen Alltag zu entfliehen. Meine allererste Begegnung mit diesen coolen Typen hatte ich als Schulkind im Alter von 11 Jahren – in den Lesebüchern der fünften und sechsten Klassenstufe fanden sich mehrere phantastische Nacherzählungen griechischer Heldensagen. Ich kämpfte, bangte und litt mit Odysseus und Herakles. Im Kino unserer Kleinstadt lief mindestens einmal jährlich Desmond Davis‘ Film „Kampf der Titanen“ (1981), in dem der tapfere Perseus gegen allerlei furchteinflößendes mythisches Personal antreten muss, ehe er die liebreizende Andromeda zärtlich in seine starken Arme schließen kann.

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Liebe in Zeiten des Krieges – Das Lied des Achill

„Ich wusste, wie es sich anfühlte, allein zu sein, kannte den bohrenden Schmerz, den einem das Glück anderer versetzte, wenn man selber Kummer litt.“ Prinz Patroklos, aus dessen Perspektive das Geschehen des Romans „Das Lied des Achill“ der Autorin Madeline Miller erzählt wird, hat kein einfaches Dasein. Sein tyrannischer Vater, König eines eher unbedeutenden Reiches, macht ihm das Leben schwer, seine liebevolle, aber einfältige Mutter ist ihrem Sohn keine Hilfe. Als Patroklos, noch ein Kind, eines Tages versehentlich einen Jungen tötet, wird er vom Hof verbannt und muss nun im fernen Reich Phthia unter den Augen des Königs Peleus sein Dasein fristen, wo man ihn zum Krieger ausbildet.

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Zu Gast bei den Nibelungen in Worms

“Uns ist in alten Mären Wunders viel gesagt
von Helden, lobeshehren, von Taten, kühn gewagt,
von frohen Festlichkeiten, von Weinen und von Klagen
von kühner Recken Streiten mögt Ihr nun Wunder hören sagen.”

(Das Nibelungenlied)

Das „Nibelungenlied“ ist die bedeutendste hochmittelalterliche Ausformung der Nibelungensage um Siegfried, den Drachentöter, die starke Brünhild, den verschlagenen Hagen von Tronje und die rachsüchtige Kriemhild, die in ihrem Vergeltungsdrang letztendlich alle Beteiligten ins Verderben führt. Ein symbolträchtiges Werk, welches längst zum deutschen Kulturkanon gehört. Im Nibelungenmuseum Worms wird dieser jahrhundertealte Mythos mit Hilfe digitaler Medien anschaulich zu neuem Leben erweckt. So erfahren die Besucher im „Sehturm“ Wissenswertes über die Entwicklungsgeschichte der Sage, während sie im „Hörturm“ über die sprach- und literaturwissenschaftlichen Hintergründe informiert werden. Das beeindruckende Panorama lädt ein zu einer Zeitreise durch das Land der Nibelungen, während das unterirdisch gelegene „Mythenlabor“ Raum bietet, sich in die Welt der Sagen zu begeben.

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Die Poesie des „Nevermore“ – Edgar Allan Poes dunkle Romantik

„Once upon a midnight dreary, while I pondered, weak and weary,
Over many a quaint and curious volume of forgotten lore,
While I nodded, nearly napping, suddenly there came a tapping,
As of some one gently rapping, rapping at my chamber door.
‚‘Tis some visitor,‘ I muttered, ‚tapping at my chamber door –
Only this, and nothing more.‘“

(Edgar Allan Poe, „The Raven“)

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“This is your universe, Frankenstein!” – Theater mit Geschöpf und Schöpfer

Wir haben den Roman vorgestellt. Wir haben Mensch und Monster untersucht. Nun begeben wir uns anlässlich des Frankenstein-Jahres 2018 ins Londoner Royal National Theatre.

Theater mit Geschöpf und Schöpfer

Stille. Dunkelheit. Plötzlich zerreißen Blitz und Donnerschlag das angespannte Nichts.

Eine Apparatur mit einer Art Kokon, darin ein großer Fötus. Erneutes Wetterleuchten, erneuter Donner. Der Fötus bewegt sich. Ein Unwetter wütet. Der Blitz schlägt in die Apparatur des Grauens ein und bringt schließlich das Herz des übergroßen Ungeborenen zum Schlagen. Die Membran reißt. Der Vogel kämpft sich aus dem Ei, sprich, das Wesen ohne Namen sich auf die Welt. Der Zuschauer wird zum Zeugen einer Geburt. Es ist auch hier eine schmerzhafte Geburt, mit Blut, Schleim und Schrei. Da liegt es, das Neugeborene. Gleich einem Säugling schreit es, strampelt, erschrickt vor grellem Licht und lauten Geräuschen. Es windet sich, kriecht, kommt schließlich auf die Beine und läuft ungelenk umher. Frankensteins Kreatur. Der Wissenschaftler hatte in nächtelanger, geheimer Forschungsarbeit aus Leichenteilen einen neuen Körper zusammengesetzt und dann vorübergehend sein Labor verlassen. Als er nach einiger Zeit zurückkehrt und „seine“ zum Leben erwachte Kreatur vorfindet, erschrickt er bis ins Mark. Was er so lange ersehnte, nämlich tote Materie zum Leben erwecken zu können, ist ihm letztendlich gelungen. Doch welch grauenvollen Anblick bietet dieses Wesen! Voller Narben, Rotz und Schmutz, guttural lallend und stammelnd, denn noch hat ihm niemand das Sprechen gelehrt. Frankenstein flieht voller Abscheu, nicht ohne sein Werk zu verdammen: „What have I done?“

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Stonehenge – Eine mythische Reise in die Steinzeit

  Stonehenge. Geheimnisvoll. Mythisch. Sagenumwoben. Um kaum einen anderen Ort ranken sich mehr Mysterien, als um die jungsteinzeitliche Kultstätte im Süden Englands. Der Steinkreis zieht nach wie vor Besucher aus der ganzen Welt an und gehört zu den touristischen Hauptattraktionen Großbritanniens.

Als ich mit Freunden im April dieses Jahres nach Bristol reiste, gehörte deshalb ein Besuch dieses Weltkulturerbes ganz selbstverständlich zu unserem Programm. Ich hatte Stonehenge bereits 1991 besucht und war damals recht desillusioniert über dessen in meinen Augen arg kommerzialisierte und inadäquate Darbietung; die nahegelegene, stark frequentierte Fernstraße tat ein Übriges dazu, die Aura dieses geschichtsträchtigen Ortes erheblich zu stören. Rotweißes Absperrband flatterte rund um die Anlage im Wind; bei jeder fotografischen Aufnahme musste man aufpassen, dass einem nicht versehentlich ein anderer Besucher durchs Bild lief. Umso erfreuter war ich, bei meinem jüngsten Besuch eine völlig neue, der Bedeutung dieses Kulturplatzes weitaus angemessenere Präsentation vorzufinden.

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